Tradition wird in Südtirol großgeschrieben, so auch die traditionelle Familie. Auf den Bauernhöfen leben oft mehrere Generationen unter einem Dach, aber nicht nur dort. Die soeben neu gegründete junge Familie möchte um Familiengeld ansuchen, aber wie, wenn alle (die Großfamilie) auf demselben Familienbogen aufscheinen. Oft ist es nicht möglich in Denkmalgeschützen Gebäuden zwei oder drei getrennte Wohnungen zu realisieren, somit fallen diese Familien bei Beitragsgesuche immer durch das Raster, da alle Bewohner auf demselben Familienbogen aufscheinen.
Dies vorausgeschickt,
stelle ich an die Landesregierung folgende Fragen:
1. Wie kann diesen jungen Familien geholfen werden, wenn die getrennten Wohnungen in Gebäuden nicht umsetzbar sind?
2. Wie begründet die Landesregierung dieses Vorgehen (Angabe aller auf dem Familienbogen, z.B. Oma, Opa, Onkel, Tante usw.), man vom Vermögen dieser Personen nichts davon hat, bei der Erstellung ISEE-Erklärung?
Bozen, 20.09.2022
Der Landtagsabgeordnete
Josef Unterholzner
Antwort von LR Deeg
Frage 1: Wie kann diesen jungen Familien geholfen werden, wenn die getrennten Wohnungen in Gebäuden nicht umsetzbar sind?
Frage 2: Wie begründet die Landesregierung dieses Vorgehen (Angabe aller auf dem Familienbogen, z.B. Oma, Opa, Onkel, Tante usw.), man vom Vermögen dieser Personen nichts davon hat, bei der Erstellung ISEE-Erklärung?
Die Regelung der Familienzusammensetzung ist bei der Regelung der öffentlichen Leistungen immer einer der schwierigsten Fragen, da es unzählige verschiedene Familienzusammensetzungen gibt und jede Lösung Vor- und Nachteile mit sich bringt und jemanden zufriedenstellt und andere wieder nicht. Eine Familienzusammensetzung die für einen Haushalt für die Beanspruchung einer bestimmten Leistung ein Nachteil ist, kann für andere Leistungen ein Vorteil sind. Es handelt sich somit um eine sehr komplexe Angelegenheit.
Im Falle des Landeskindergeldes wird seit Juli dieses Jahres die ISEE verwendet, da die allermeisten Familien diese bereits für das staatliche Familiengeld („assegno unico“) abgegeben und verwendet haben. Dadurch ergibt sich eine deutliche Erleichterung für die Familien, da es nicht notwendig ist doppelt Daten abzugeben.
Grundsätzlich ist auch die ISEE kein perfektes Instrument, aber wir haben bisher eigentlich recht wenige negative Rückmeldungen erhalten.
Die Erhebung der wirtschaftlichen Lage orientiert sich grundsätzlich an den Familienbogen bzw. die Elternteile des Kindes, was für die Familienleistungen ein durchaus korrekter Ansatz erscheint.
Es gibt eine differenzierte Regelung für den Fall von nicht zusammenlebenden Elternteilen, die unter anderem das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein der Zahlung eines Unterhaltes berücksichtigt.
Die Artikel 3 und 7 des Dekrets des Präsidenten des Ministerrates vom 5. Dezember 2013, Nr. 159 („ISEE-Verordnung“) sehen vor, dass die ISEE ohne Einbeziehung des anderen leiblichen Elternteils abgefasst werden kann, falls eine homologierte Ehetrennung oder bei nicht Verheirateten eine beim Gericht vorgebrachte und vom Richter genehmigte Sorgerechts- und Unterhaltsvereinbarung vorliegt oder wenn der andere Elternteil kein Sorgerecht besitzt bzw. zu seinen Lasten eine Entfernungsmaßnahmen vom Familienwohnsitz verfügt wurde (Art. 333 des Zivilgesetzbuches). Der andere Elternteil wird von der Berechnung auch ausgeschlossen, wenn gerichtlich oder von den zuständigen Sozialdiensten festgestellt wird, dass keine emotionale und wirtschaftliche Beziehung besteht.
Falls das von Ihnen erwähnte Gerichtsurteil einem der angeführten Beispiele entspricht, können Sie dieses dem Steuerbeistandszentrum vorlegen und um eine Neuüberprüfung Ihrer Situation bitten.
Die Berücksichtigung des nicht zusammenlebenden Elternteils und seiner gesamten wirtschaftlichen Situation ist somit kein Automatismus, sondern wird im Falle von zustehenden Unterhaltszahlungen anders gehandhabt.
Für die in der Fragestunde angesprochenen Problematik ergibt sich grundsätzlich die Möglichkeit der nominellen Trennung der Wohneinheiten, damit zwei getrennte Familienbögen gebildet werden können.
Es sei auch angemerkt, dass die Berücksichtigung von zusätzlichen Mitgliedern als Teil einer Familiengemeinschaft nicht unbedingt ein Nachteil für die Antragsteller sein muss, da das Einkommen auf die Anzahl der Mitglieder parametriert wird und somit der entsprechende ISEE-Wert auch niedriger ausfallen könnte als bei Berücksichtigung nur einiger Mitglieder.
Mit freundlichen Grüßen
Waltraud Deeg
Landesrätin