Enzian Südtirol

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Revierleiter – Jäger

In Südtirol funktioniert vieles aufgrund des Ehrenamtes, so auch bei den Jägern und dessen Revierleitern. Der Artikel der Tageszeitung vom Samstag, 25.02.2023 wirft somit viele Fragen auf.

Dies vorausgeschickt,

stelle ich an die Landesregierung folgende Fragen:

1. Wie erklärt sich die Landesregierung bzw. der zuständige Landesrat, dass im Frühjahr 2021 200 Stück Rotwild erhoben und 183 Stück zum Abschuss freigegen wurden? Was bedeutet das für den Rotwildbestand in diesem Revier?

2. Nach welchen Kriterien werden die Abschusslisten/Zahlen erstellt?

3. Was sind die Gründe für die unterschiedlichen Abschussquoten?

4. Gedenkt der zuständige Landesrat einen Dialog mit den Revieren zu führen? Wenn Ja, in welche Richtung soll der Dialog gehen?

5. Aus welchem Grund wurde das Gutachten einer gerichtlich anerkannten Wildbiologin nicht anerkannt?

6. Im Jahr 2021 galten nach wie vor Coronamaßnahmen, galten diese Einschränkungen für die Jäger nicht?

7. Was will die Landesregierung mit derartigen Aktionen (wie den Strafen) erreichen, die ehrenamtliche Tätigkeit zu bestrafen?

Bozen, 27.02.2023

Der Landtagsabgeordnete
Josef Unterholzner


Antwort im Plenum am 07.03.2023 vom LR Schuler

SCHULER (Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Zivilschutz – SVP):

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Problematik um das Rotwild verschärft sich von Jahr zu Jahr.

Zu Frage Nr. 1. Wie erklärt sich die Landesregierung bzw. der zuständige Landesrat, dass im Frühjahr 2021 200 Stück Rotwild erhoben und 183 Stück zum Abschuss freigeben wurden?
Die ganze Materie ist doch etwas komplexer, als in zwei Minuten erklärbar ist. Tatsache ist, dass das Rotwild die größte heimische Schalenwildart ist und ein dementsprechend großes Streifgebiet hat. Es ist nicht so, dass es lokal in einem Revier bleibt, sondern hier sind sehr viele Tiere im wahrsten Sinne des Wortes in Bewegung. Der Bestand wird erhoben, und zwar auf Ebene der Population. Daraus lässt sich schließen, wie sich die Populationsstärke verändert hat. Das ist die Grundlage dafür, damit die einzelnen Reviere die Abschusspläne festlegen können.

Zu Frage Nr. 2. Nach welchen Kriterien werden die Abschusslisten/Zahlen erstellt?
Die Abschusszahlen werden von der Abschussplankommission erstellt, in der verschiedene Vertreter sitzen. Der Antrag kommt vom Jagdrevier und wird jeweils für jedes Revier festgelegt. Kriterien sind die flächige Ausdehnung des Rotwildlebensraums, Zähldaten und Entwicklungstrend auf Populationsebene, Geschlechter- und Altersklassenzusammensetzung usw. Die Art und Weise, wie der Abschlussplan festgelegt wird, ist also relativ komplex. Wenn man mit 74 Jägern redet, dann gibt es 76 verschiedene Meinungen. Deshalb wird jetzt auch eine externe Bewertung eines Wildbiologen/Wildbiologin gemacht, die ein externes Gutachten und entsprechende Empfehlungen abgeben, damit man nicht nur in der Strategie erfolgreich ist, sondern auch den einzelnen Revieren gegenüber glaubwürdiger ist.

Was sind die Gründe für die unterschiedlichen Abschussquoten?
Die Abschussplanung auf Ebene der Populationseinheiten ist die Grundlage, auf der eine wildökologisch fundierte Planung erfolgen muss. Bei der Aufteilung der Abschussquoten auf die einzelnen Jagdreviere in einer Populationseinheit werden individuelle Gegebenheiten wie Wanderungen sowie Winter- und Sommereinstände berücksichtigt. Das macht es komplex.

Zu Frage Nr. 4 in Bezug auf den Dialog.
Selbstverständlich tausche ich mich regelmäßig mit dem Jagdverband aus, der der Vertreter der einzelnen Reviere ist.

Zur Frage, aus welchem Grund das Gutachten einer gerichtlich anerkannten Wildbiologin nicht anerkannt wird. Das Gutachten ist erbracht worden, nachdem die Strafen ausgestellt worden sind, um ein Argument für eine Reduzierung oder eine Aussetzung der Strafen zu bringen. Das hat aber nichts mit der Abschlussplanung zu tun, bei der festgelegt worden ist, wie viel Rotwild erlegt werden muss. Entscheidend ist die Entscheidung der Abschlussplankommission.

Zu Frage Nr. 6. Bereits mit Art. 1 Abs. 9. des LG 4/2020 vom 08.05.2020 wurde die Jagd erlaubt. Wir haben damals schon gesagt, dass es hier um öffentliches Interesse geht. Nachdem so viele Fragen gestellt wurden, reicht meine Zeit nicht für eine ausführliche Beantwortung nicht aus. Die Rotwildproblematik ist wirklich eine große Herausforderung. Trotz einer ständigen Erhöhung
der Abschusspläne hat sich die Population dramatisch erhöht, vor allem in Bezug auf den Ausgleich zwischen den Wildarten. Mit Zunahme des Rotwildes nimmt das Rehwild ab, nicht zu vergessen die Schäden in der Landwirtschaft. Es gibt immer mehr Situationen, in denen Höfe umzäunt werden, was eine falsche und bedenkliche Entwicklung ist, und zwar nicht nur landschaftsmäßig. Wenn jemand seinen Grund umzäunt, dann hat der Nachbar umso mehr Rotwild auf seinem Grundstück. Vor allem aber geht es um Verbissschäden im Wald, die deutlich zugenommen haben. Nach Schneedruckschäden durch Vaja und angesichts der Borkenkäfersituation sind wir darauf angewiesen, dass sich der Wald, vor allem der Schutzwald wieder erholen kann. Deshalb werden die Verbissschäden ein immer größeres Problem. Wir haben in Südtirol nicht wie nördlich des Brenners die bodengebundene Pacht, wo ein hoher Pachtzins für
Jäger gezahlt wird, die teilweise von außen kommen. Wir haben ein soziales Jagdsystem, das auf alle Fälle große Vorteile hat, auch hinsichtlich der Akzeptanz. Jeder, der die Voraussetzung hat, kann in seinem Revier jagen gehen. Er geht aber auch Verpflichtungen ein, darunter auch jene der Einhaltung der Abschusspläne. In einigen Revieren sind Strafen ausgestellt worden, weil die Abschusspläne über mehrere Jahre nicht eingehalten worden sind. Meines Erachtens ist die Grundlage für diese Strafen die falsche, aber das Gesetz sieht sie so vor und somit sind sie anzuwenden. Wir tun gut daran, irgendwann im Landtag die Grundlage für diese Strafen zu ändern. Momentan muss man für die entstandenen Schäden im Wald mit einer maximalen Obergrenze von 18.000 Euro aufkommen. Wir sollten uns überlegen, ob nicht ein anderer Ansatz gefunden werden soll, aber das ist eine zweite Geschichte.

Entschuldigen Sie bitte das Überziehen der Zeit, aber bei so vielen Fragen reichen fünf Minuten nicht aus. Danke!


Replik bzw. Zusatzfrage vom Abg. Unterholzner

UNTERHOLZNER (ENZIAN):

Danke, Herr Landesrat, für die ausführlichen Antworten.
Ich möchte zwei Zusatzfragen stellen. Ich habe verstanden, dass es ein Gesetz gibt, das angewandt wird. Darf sich der Landesrat erlauben, die Strafen einzutreiben? Ist der Landesregierung bewusst, welche Folgen daraus von einem Revierleiter abgeleitet werden können?


Antwort auf die Zusatzfrage

SCHULER (Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Zivilschutz – SVP):

Jede Regel braucht Konsequenzen, wenn sie eingehalten wird. Darin sind wir uns sicher einig. Zur Zeit prüfen wir mit dem Rechtsamt, ob diese Art der Strafen rechtens ist und ob es noch einen Spielraum gibt. Wenn nicht, dann werden wir sie so eintreiben müssen. Wie gesagt, derzeit wird die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme geprüft.

AKTIE

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